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Inkarnation: (wörtl. »Einfleischung«, von lat. caro »Fleisch«): vollständiges Leben eines Gottes oder einer ähnlichen Phantasiegestalt als Mensch (eine vorübergehende Erscheinung eines Gottes in menschlicher Gestalt gilt nicht als ~; eine ~ hat mit der Geburt bzw. embryonalen Einnistung zu beginnen und mit dem normalen Tode zu enden; danach nimmt der zuvor Inkarnierte wieder seinen angestammten, meist himmlischen Platz ein). – Die ersten elaborierten ~en der Religionsgeschichte sind unter dem Namen »Avatar« aus dem Hinduismus bekannt; sie sind dort von Wischnu vollzogen worden, und zwar in bisher neun Gestalten mit jeweils unterschiedlichen Funktionen; eine zehnte steht entweder noch aus oder hat sich in negativer Form ereignet. Von dort aus wurde das Konzept auch auf andere Götter des Hinduismus übertragen, besonders auf Schiwa, aber mit geringerem Ernst und geringerer Verbindlichkeit; zahlreiche hinduistische Herrscher behaupteten, ~en Schiwas zu sein, aber dieser Anspruch blieb stets wenigstens teilweise metaphorisch, ähnlich wie derjenige der katholischen Päpste, »Stellvertreter Gottes«, d.h. Jahwes, zu sein. Dagegen griff der Buddhismus das Konzept in vollem Ernst auf, verknüpfte es aber in komplizierter Weise mit dem Mechanismus der Wiedergeburt; so betrachten gewisse buddhistische Sekten ihre Oberhäupter als ~en himmlischer Buddhas, sogar lokale Oberhäupter einzelner Klöster (Lamaismus, Gelugpa). Von dort aus wanderte das Konzept der ~ über zoroastrische und von dort aus gnostische Vermittlung etwa im Jahre 110 in das Christentum ein, wo es am Anfang des Johannesevangeliums auftritt; gemäß diesem ist Jesus die ~ Jahwes. Auch der abendländische Begriff ist von dieser Stelle bzw. ihrer Vulgata-Übersetzung genommen (»verbum caro factum est« = »Das Wort ward Fleisch«). Die gnostische bzw. zervanitisch-zoroastrische Vermittlung der ursprünglich indischen Vorstellung ist an dem »Wort« zu erkennen, das Jahwe zu diesem Zweck äußern muß; es entspricht dem jeweiligen »Ruf«, mit dem der zoroastrische Urgott Zervan die nachgeordneten übernatürlichen Wesen erschafft bzw. aus welchem sie entstehen. (Ob die erst in der mittelalterlichen Hindutheologie belegbare Entstehung der Götter aus »Keimsilben«, welche ja auch im Buddhismus eine große Rolle spielen, älter als die zoroastrische und daher deren Vorlage, gleichaltrig mit ihr oder erst unter ihrem Einfluß entstanden ist, läßt sich derzeit nicht entscheiden, am wahrscheinlichsten ist hohes Alter und gleicher Ursprung.) Obwohl die ~slehre für alle bestehenden Fraktionen des Christentums verbindlich ist, vermeiden sie – mit Ausnahme der Nestorianer – gerne die Frage, wer eigentlich sich um das Weltall und ähnliche Aufgaben gekümmert hat, als Jahwes ~ davon abgelenkt war.


 
 
 

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