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Schrift: (wörtlich: »Geschriebenes«): Zeichensystem zur Verschlüsselung von Worten.

Zwar beginnt jede ~ als Verschlüsselungssystem von Dingen (die dann als deren m.o.w. konventionalisierte Bilder erscheinen), bisweilen auch von Anzahlen (die dann durch analoge Anzahlen von Elementen, primär Strichen oder Punkten, dargestellt werden), aber von anderen Zeichensystemen unterscheidet sie sich erst dann spezifisch, wenn das von ihr Bezeichnete die Worte sind, welche ihrerseits Dinge oder deren Verhältnisse zueinander bezeichnen. Diese Stufe der Entwicklung kann zwar erst dann erreicht werden, wenn die Abbildungen der Dinge oder Verhältnisse, welche deren Vorstellung und daher auch das sie bezeichnende Wort evozieren sollen, durch fortgeschrittene Konventionalisierung sich so weit von der Abbildung entfernt haben, daß sie nicht oder nur ausnahmsweise als solche wahrgenommen werden und werden können; doch dies gilt für andere Zeichensysteme, z.B. unsere Verkehrszeichen, die darum ebenfalls erlernt werden müssen, genauso. Andererseits gilt, daß die ~, sobald sie dem genannten Kriterium genügt, d.h. Worte durch konventionelle Zeichen kodiert, dazu tendiert, sehr schnell alle Worte zu kodieren, welche in der Sprache ihrer Benutzer vorkommen. Dazu greift sie (bzw. ihre Verwalter und Nutzer) stets auf phonetische (= Klang)Elemente zurück, neben welchen klassifikatorische (= kategoriale) Elemente eingesetzt werden. Diesem Prinzip folgen alle alten ~en, die Keilschrift, die Hieroglyphen und die chinesische ~ bis heute. Der Nachteil dieses Verfahrens besteht in der ungeheuren Menge der Zeichen, die dadurch nötig werden jedenfalls über tausend bis mehrere Tausend , deren Erlernung eine vieljährige Lehrzeit erfordert. Nach verschiedenen Anläufen mit Silben~en gelang etwa in der Mitte des 2. vorchristlichen Jahrtausends im phönizischen, auf jeden Fall westsemitischen Raum der Durchbruch zur Alphabet~, in welcher die Zeichen nicht mehr direkt Worte, sondern die einzelnen Laute (»Phoneme«) bezeichnen, aus denen diese gebildet werden. Dadurch reduzierte sich die Zahl der Zeichen, die zur Codierung jedes Wortes der verwendeten Sprache benötigt werden, auf etwas über zwanzig; damit wurde die ~ in wenigen Tagen, höchstens Wochen, für jeden gesunden Menschen erlernbar. Daß dies auch angestrebt war, zeigt u.a. die von Anfang an auf die Mnemotechnik ausgerichtete feste Anordnung der neuen konsequent phonetischen ~zeichen (als Alphabet). Es ist kaum ein Zufall, daß diese praktisch ausgerichtete ~ von einem oligarchisch organisierten Händlervolk geschaffen und getragen wurde, nicht von einer der monarchisch-zentralistisch organisierten und zur Verfestigung weitgehend erblicher Bürokratien neigenden Primärzivilisationen. Der Ursprung der ~ liegt im (damals) küstennahen Teil Mesopotamiens (dem heutigen Irak); die mit ihr verschlüsselte Sprache war Sumerisch, der Beginn der ~ etwa 5000 Jahre vor unserer Gegenwart anzusetzen; sie diente zunächst der Verwaltung von Tempelländereien durch Fixierung von Güterlisten. Neuerdings wird, erstmals durch M. Gimbutas, der Ursprung der ~ in eine frühere Zeit und an einen anderen Ort verlegt, nämlich in das entwickelte Neolithikum am Unterlauf der Donau. Es ist aber zu bedenken, daß das dort nachweisbare konventionelle Zeichensystem, ähnlich wie viele nichtmayanische präkolumbianische Zeichensysteme Mittelamerikas, unserem Verkehrszeichensystem entsprach, d.h. offenbar Dinge oder Verhältnisse statt die diese bezeichnenden Worte verschlüsselte und sich deshalb nie zu einer ~ entwickelte, die alle Worte der Sprache ihrer Benutzer hätte verschlüsseln und dadurch Sätze eindeutig hätte wiedergeben können, weshalb sie nicht als wirkliche ~ bezeichnet werden sollte, sondern nur als die mögliche Vorform einer solchen, welche die Entwicklung zur eigentlichen ~ aber nicht vollzogen hat, sicherlich aufgrund fehlenden gesellschaftlichen Bedarfs. (Konventionalisierte Zeichen dagegen sind mindestens so alt wie Homo sapiens sapiens und finden sich zweifelsfrei schon im Paläolithikum.)


 
 
 

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