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Stigma: (von gr. στίγμα »Mal, Kennzeichen«), Plural Stigmen oder Stigmata:

     1) eine negative, künstliche Kennzeichnung einer Person, insbesondere durch die Narben einer zwangsweisen, meist buchstabenförmigen Verbrennung mittels glühender Metallstäbe (»Brandmarkung«, zunächst als Eigentumszeichen für Weidevieh entwickelt). Im übertragenen Sinne auch negative Kennzeichnung einer Lehre, Person oder Sache durch ein zentral von Machtträgern ausgegebenes Reizwort. Diese gelten dann als »~tisiert«.
     2) Tracheenausgang im Chitinpanzer der Insekten, der wegen seiner Punktform an Stigmen i.S. von Bedeutung (1) erinnert.
     3) körperliche Veränderung an Händen, Füßen und/oder einer Körperseite, die die Verwundungen Jesu durch dessen Kreuzigung i.S. der christlichen Ikonographie illustriert (die wirkliche Verwundung der durch die römische Justiz Gekreuzigten, welche durch Annageln statt Anbinden zustandekam, betraf aus statischen Gründen eher die Unterarme zwischen Elle und Speiche sowie die Fersenknochen und ist auch archäologisch belegt). – Die ~tisierung in diesem Sinne tritt nur bei katholischen Heiligen seit dem 12. Jahrhundert auf; berühmtester und erster kirchlich anerkannter Stigmenträger war der hl. Franz, letzter »Padre Pio« in Süditalien. Der sel. Heinrich Suso dagegen verdarb seinen Ruf als Stigmenträger dadurch, daß er von seinen Mitmönchen beim Versuch ihrer künstlichen Herstellung ertappt wurde; manchen Nonnen wurde Ähnliches zum Verhängnis. Die ~men katholischer Heiliger (oder entsprechender Aspiranten wie z.B. Therese von Konnersreuth) können beträchtliche Mengen Blut absondern oder auch keines, partiell (bes. nur an Handflächen) oder vollständig (wie bei dem hl. Franz) auftreten. Wie weit Betrug, Autosuggestion oder durch intensive Phantasietätigkeit vielleicht geförderte, gar ermöglichte körperliche Veränderungen vorliegen, ist wissenschaftlich ungeklärt und rückwirkend ohnehin nicht sicher zu erweisen. –
     Das Vorbild der katholischen ~tisierung von Heiligen liefert eine wohl mißverstandene Paulusstelle (Gal. 6,17), in welcher der Verfasser behauptet, die στίγματα (Luther übersetzt »Malzeichen«) Jesu an seinem Leibe zu tragen; damit wird Paulus, der mindestens einmal ausgepeitscht worden ist, aber wohl nur vernarbte Striemen gemeint haben, welche an Jesu Geißelung erinnern; mit den »klassischen« Stigmen wäre sein Auftreten als Pionier einer neuen Religion gewiß durch einen bizarren Zug behindert gewesen. Dementsprechend hat diese Stelle in der christlichen Ikonographie auch keine Folgen hinterlassen, ganz anders als bei »~tisierten« Heiligen des Hochmittelalters und der Folgezeit.


 
 
 

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