Natur: (v. gleichbed. lat. »natura«, aus nasci »entstehen« bzw. natus »entstanden«): Gesamtheit alles ohne Eingriff Entstandenen bzw. Vorhandenen.
     Als Gegensatz zur ~ läßt sich die Kultur auffassen, da sie wenigstens tendenziell Resultat zielgerichteter menschlicher Aktion ist; auch sie kann freilich nur mit ~materialien arbeiten, was besonders unmittelbar in ihren Bereichen Handwerk, Medizin und Technik hervortritt. (Erstens können diese Aktivitäten nur an mittelbar und unmittelbar der ~ entnommenen Materialien stattfinden, zweitens verlaufen sie nur erfolgreich, je besser die Eigenschaften dieser Materialien – abgekürzt: deren ~ – bekannt sind und diese Kenntnis bei der Planung der beabsichtigten Eingriffe berücksichtigt bzw. genutzt wird.)
     Aus diesem und analogen Gründen wird das Wort ~ auch in der Bedeutung »ohne Eingriff vorgegebene Beschaffenheit« benutzt. Die ~ eines Gegenstandes ist unveränderlich; jedoch lassen sich durch Ausnutzung der ~ verschiedener Gegenstände durch deren gezielte Kombination neue Eigenschaften bzw. Wirkungen herbeiführen, die so in der ~ nicht vorkommen und dadurch menschlichen Bedürfnissen besser als direkt aus ihr entnommene Gegenstände dienen können (z.B. Medikamente, Werkzeuge, Datenträger, Bilder).
     Die erste kohärente Reflexion unseres Gegenstandes, die vollständig überliefert wurde, bildet die Dichtung des Titus Lucretius Carus (»Lukrez«) »Über die Natur der Dinge« (de rerum natura). Inhalt des Werks ist somit die Frage »quid possit oriri, quid non« (was entstehen kann und was nicht), Ziel, ohne welches diese Frage unlösbar bleibt, folglich nicht nur die einfache Kenntnis der ~, sondern auch ihrer Zusammenhänge (»rerum cognoscere causas« = die Ursachen der Dinge erkennen). Dabei nimmt das Werk nur einen schon lange geläufigen griechischen Titel wieder auf (Über die Natur (gr.) = über die ~ [~ = griech. Natur (gr.)]).


 
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