Reformismus: (von »Reform« i.S. von »Gesetzesänderung«): der Glaube oder das Bestreben, die Vergesellschaftung der Produktionsmittel und ihre kollektive, demokratische Verwaltung durch Kumulation von Gesetzesänderungen (»parlamentarischer Weg zum Sozialismus«) durchzuführen bzw. dieses zu können oder zu sollen. – Das einzige historische Beispiel eines subjektiv glaubwürdigen ~ lieferte bisher der darum als Märtyrer gestorbene chilenische Präsident Salvador Allende, vielleicht auch der grenadinische Inselpräsident Maurice Bishop; Analoges Streben wird dem gegenwärtigen venezuelanischen Präsidenten Hugo Chávez nachgesagt. – Alle angeblichen Belege für die Existenz des ~ außerhalb Südamerikas leiden darunter, daß die entsprechenden Parteien, welche zu vertreten behaupten, wenn sie die Gelegenheit zu entsprechender Gesetzgebung erhalten, diese niemals nutzen, dagegen eine sehr energische und zielstrebige Aktivität gegen alle Kräfte entfalten, welche sie dazu zu drängen suchen. Ihre Glaubwürdigkeit wird auch dadurch zerstört, daß sie, falls ihr angeblich angestrebtes Ziel schon mit anderen, nämlich revolutionären Mitteln erreicht worden ist, diese Erreichung im Bunde mit Kräften, die erklärtermaßen Gegner besagten Ziels sind, unter schrankenlosem Gewalteinsatz rückgängig zu machen suchen, so die SPD in Berlin und dem Ruhrgebiet nach dem Ende des 1. Weltkrieges, vor allem aber die ihnen analogen russischen Menschewiki im Bunde und Solde des britischen und des US-Imperialismus ihrer Zeit sowie zaristischer, ebenfalls aus diesen Quellen ausgerüsteter militärischer Einheiten.
     Die Praktikabilität des ~ leidet extrem darunter, daß die stets der entgegengesetzten Zielsetzung verbundenen, weil von entsprechenden Vorgängern übernommenen bewaffneten Kräfte des Staatsapparates (hilfsweise auch dessen übrige Teile, bes. die Justiz) einen tatsächlichen ~ zu verhindern suchen und dabei jedesmal die bestehenden Gesetze brechen (Faschismus, Militärputsch).


 
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