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Materialismus: Materialismus (von lat. materia »Stoff«): Die Erkenntnis, daß es ausschließlich Elementarteilchen (und die Abstände zwischen ihnen) gibt , d.h. kein von ihnen getrenntes, auch nicht in sie überführbares Agens, das auf sie bzw. ihre wie auch immer strukturierten Agglomerationen einwirken könnte (dieses Agens erweist sich jedesmal als ein gesellschaftlich standardisiertes Phantasma: Gott, Geist, Seele).
Zur Erkenntnis des ~ gelangte wohl erstmals der Grieche Leukippos (um 440 v.u.Z.), sicher sein direkter Schüler Demokrit(os, wohnhaft in Abdera, lebte ca. 460-371 v.u.Z.). Leider ist der Erhaltungszustand seiner Schriften sehr mangelhaft, da aufgrund ihrer ideologischen Unbrauchbarkeit Vertreter des ~ nur äußerst selten gesellschaftliche Unterstützung erfahren; dies geschieht erfahrungsgemäß nur (und dann mäßig), wenn sie von einer mächtig werdenden, aber durch die traditionellen Machtträger von der Macht ausgeschlossenen gesellschaftlichen Gruppe zur Kritik von deren Rechtfertigungsargumentation gebraucht werden können.
     Der nächste bedeutende Materialist ist Epikur – dessen Werke ebenfalls sehr schlecht überliefert sind, aber durch den römischen Dichter Lukrez (Titus Lucretius Carus, lebte wahrscheinlich bei Neapel ca. 99-55 v.u.Z.) inhaltlich weitestgehend erhalten geblieben sind; dessen nur knapp überlebendem Werk verdankt die europäische Aufklärung ihre zentralen Formulierungen und Gedanken. Schon mit der Errichtung der römischen Militärdiktatur ging die Erkenntnis des ~ weitgehend unter und wurde durch den Sieg des Christentums gänzlich und auch aktiv vernichtet, um erst mit den technischen Fortschritten der beginnenden Neuzeit wieder zaghafte und gewöhnlich in erzwungener Zweideutigkeit schreibende Vertreter zu finden. Von außereuropäischen Kulturvölkern sind keine eindeutigen, elaborierten Vertreter bekannt, so sehr manchen indischen und chinesischen Philosophen ebenso wie den »ionischen Naturphilosophen« (Thales, Anaximander, Anaximenes u.a.) eine klare Tendenz zum ~ nachgewiesen werden kann. Der weitverbreitete Gebrauch des Wortes ~ durch Marx und Engels ist etwas irreführend. Mit »dialektischem ~« ist eigentlich nur das wissenschaftliche Denken an sich gemeint, so weit es mit Entwicklung, Gegensätzen (z.B. Räuber und Beute, Population und Umwelt) und dem durch die quantitativ determinierte Entstehung neuer Strukturen durch kumulierte Bauelemente ermöglichte Entstehung neuer Qualitäten rechnet (z.B. Selbstreproduktion, Stoffwechsel). Dagegen bedeutet »historischer ~« die Ansicht, daß der Geschichtsverlauf in letzter Instanz durch Veränderungen der Produktionsweise und in der Folge auch der Produktionsverhältnisse, nicht jedoch plötzliche neue Ideen zustandegekommen sei, also eine sehr abgeleitete, dem Wort nicht unmittelbar zu entnehmende Bedeutung; »~« ist in dieser Verwendung einfach als Ggs. zu »Idealismus« gebraucht worden, welcher hier die Geschichtstheorie Hegels bezeichnen soll, nach welcher neue Ideen – als »Selbstentfaltung des Geistes«, d.h. ein Weiterdenken vorhandener Ansätze – den Geschichtsverlauf bewirkt haben sollen.
     Sehr oft wird das Wort ~ auch mißbräuchlich als »Leugnung subjektiver Prozesse« verwendet, besonders von bekennenden »Freidenkern«, welche sich im Sinne eines Denkverbots zu dieser Leugnung verpflichtet fühlen, obwohl subjektive Vorgänge, so sehr das äußere Urteil ihnen oft Irrationalität zusprechen mag, nichts anderes als neuronale und damit atomare bzw. biochemische Prozesse sein können, deren Verständnis bzw. Anerkennung der Erkenntnis des ~ in keiner Weise zuwiderläuft. In vulgärer Verwendung bedeutet das Wort ~ oftmals »Geldgier mit Bildungsverachtung« oder Verwandtes.  


 
 
 

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